Monday, July 10, 2006

weltverbesserungsmassnahmen

der schoenste und zugleich schlimmste aspekt, den das reisens mit sich bringt, sind die menschen, die man dabei zwangsweise oder ganz freiwillig kennenlernt. ok, ok, die tempel sind auch schoen, und die natur und die aktivitaeten und das essen. wenn das alles nicht schoen ware, haette man sich ja nie auf reisen begeben. warum ragen also die zwischenmenschlichen begegnungen aus dem begeisterungshimalajia heraus? ich bin mir nicht sicher, aber es scheint, dass andere menschen die seltsame eigenart haben, reiseerfahrungen entweder unendlich zu verschoenern oder unendlich zu versauen!

ein beispiel: man faehrt in einem viel zu engen minibus durch die halsbrecherischen serpentinen der laotischen berge! die grandiose kulisse laesst einen den mangel an leitplanken glatt vergessen. diese berge! diese reisfelder! diese niederlaender! waeren da nicht diese fuenf niederlaendischen teenager! rauchend, groehlend, breitbeinig, prohlend. und nicht zuletzt ihre billigen, stinkenden ho-chi-minh-t-shirts machen sie unertraeglich.

ja klar: jeder hier hat das gleiche recht, in diesem mini minibus durch laos zu zuckeln, ich bin ja kein autokratischer despot (zumindest auf reisen nicht), aber was wollen diese menschen hier? haben sicher irgendwo gehoert, dass das opium in laos auf der strasse liegt und das das bier so billig is wie nirgends sonst. aber gibt es nicht genug bier und drogen in holland? koennen die nicht einfach zuhause sitzen, nintendo spielen, eminem hoeren und kiffen? um sein teenager-dasein auszukosten, muss man doch nicht um die halbe welt fliegen!

ich will ehrlich sein: dieses prollo-backpacker-gehabe hat beiweitem nichts mit dem alter zu tun, nein es gibt auch leute in den mittdreissigern (aus canada zum beispiel), deren tollstes reiseerlebnis es war, opium in laos zu rauchen. und das muessen sie natuerlich der ganzen welt kundtun. eine andere aber vergleichbare spezies sind diese maenner bevorzugt jenseits der sechzig, die mit blutjungen thailaenderinnen im arm possieren und behaupten, es sei wahre liebe. aber statt einfach nur mitleid zu erwecken - ob dieser geballten ignoranz - versuchr man zuerst, deren motive zu verstehen, versagt dabei, bekommt dann einen hals, bezweifelt die daseinsberechtigung dieser leute und schaemt sich am ende nur noch fuer sie. und in der zwischenzeit hat der regen begonnen und man hat diese tollen berge vollkommen verpasst...

aber zum schutz der backpacker muss ich gestehen: erstgenannte sind in der minderzahl, deswegen heisst der text ja auch weltverbesserungsmassnahmen, womit nicht gemeint ist, einen persoenlichkeitstest vor dem kauf eines rucksackes und des lonely planet einzufuehren (obwohl, jetzt wo ich drueber nachdenke...). dummheit gehoert wohl schlichweg zur menschheit und wahrscheinlich wuerden sich die schlimmsten dinge ereignen, wenn das nicht so waere (z.b. 24h bildungsfernsehen auf allen kanaelen)! aber ich schweife schon wieder ab!

der grund warum ich diesen viel zu langen text schreibe, ist folgender: ich bin unendlich dankbar, dass ich so viele tolle menschen hier kennen gelernt, oder zumindest getroffen habe. ich bin noch immer aufgeregt, wenn ich an all die gemeinsamen erlebnisse denke. lache innerlich, wenn ich mich an all den spass erinnere. werde nachdenklich, beim gedanken an all die gespraeche in all den gebrochenen fremdsprachen, deren themenvielfalt trotz dessen weit ueber alles hinausgeht, ueber das man im alltag zu hause so sprich, geschweige denn nachdenkt. und das ist zwar ein wenig traurig, macht die erfahrungen hier aber umso wervoller.

ein vollstaendiges inventar der themen zu erstellen, die menschen auf reisen so bewegen, waere unglaublich vermessen und zudem eine sisyphosarbeit. aber wenn ich versuchen wollte, all den gespaechen einen metatitel zu geben, wuerde ich diesen "weltverbesserungsmassnahmen" nennen, oder etwas weniger groessenwahnsinnig "selbstverbesserungsmassnahmen". der grund dafuer ist wohl folgender: jeder reisende - und ich meine wirklich jeden, mich inklusive - laeft vor etwas weg. und das ist sicher eine extrem starke motivation, zu reisen, neue welten zu sehen, andere kulturen kennen zu lernen, anderes bier zu trinken und viele weitere dumme dinge zu tun. hauptsache eben, man tut es nicht zu hause.

und da weglaufen vor problemen - egal welche distanz man zwischen sich und sie bringt - schlichtweg nicht funktioniert (jetzt hoere ich mich wieder mal an wie grossvater), wird man von seinen daemonen verfolgt bis ans ende der welt. und man sieht sie klarer, weil sie sich nicht im alltagsgewirr verstecken. und diese einsicht ist wiederum eine starke motivation, sich mit der welt, dem leben und dem ganzen rest auseinanderzusetzen. aber wo ist eigentlich mein punkt? das sollte doch eigentlich "a tribute to my fellow travellers" werden, also bitteschoen:

adrien, 26, frankreich, fischverkaefer, getroffen auf pha ngan, thailand:
"first you've got to throw away your tv. go back to the basics. i'm going to move to south france, have a farm there, no electricity, nothing. i'll grow only what i can eat. thats happyness!"

katrin, 32, oesterreich, pr-frau, beim rauchen in der lobby des atlanta, bangkok, getroffen:
job gekuendigt, 6 monate tauchlehrerin auf koh lanta, lebt jetzt in bangkok und sucht einen job, bis dahin besucht sie wohl jeden farang-club und jedes foreign meeting der stadt, meditiert, lernt thai und schwimmt im pool auf dem dach ihres wohnhauses. in wien warten die katzen, aber bangkok ist einfach zu schoen.

mara, 21, kambodscha, arbeitet im floating island guesthouse, phnom phen, dort getroffen:
sie weint, als sie uns erzaehlt, dass ihr vater abgehauen ist und die familie einfach hat sitzen lassen, sie vermisst ihre familie, die in einem dorf im norden kambodschas lebt, jetzt arbeitet sie fuer 50$ monatlich im guesthouse und studiert nebenher business & finance in phnom phen. sie glaubt nicht, dass das leben jemals besser wird in kambodscha.

dom, 23, australien, studiert social work, getroffen auf einem boot auf dem mekong in kambodscha, spaeter gemeinsam in viet nam gereist:
"anarchism is a possibility. you don't need laws - small anarchistic communities will work by themselfes! break down the power of big government and give it back to local scale. but that takes a lot of energy, all the discussions and compromises. step back behind your personal needs and get a feeling for the needs of others!"

sonja, 23, schweiz, apothekerin, getroffen am strand in mui ne, viet nam:
job gekuendigt und nun auf reisen, laechelt einfach und geniesst die welt, liebt laos und freut sich dennoch auf zu hause, weil dort das nachholen des abitur und die kunsthochschule warten.

patrick & claudia, duesseldorf, er ingenieur bei e-plus, sie englisch-lehrerin, getroffen in vang vieng, laos:
beide koennten sicher mit leichtigkeit in einem 5-sterne-resort auf aruba sitzen, ziehen es aber vor mit mir und einer einzigen taschenlampe durch gefaehrliche hoehlen zu klettern und dabei auch noch englisch zu sprechen! respekt!

christian & chloe, norwegen, hatten beide diverse jobs gleichzeitgig, getroffen in luang prabang, laos:
alle jobs gekuendigt, schule auf eis gelegt, reisen nun fuer 1 1/2 jahre um die welt mit einem bewunderungswerten budgetierungs-system und noch bewundernswerterer offenheit. "the moment is the key. you've got to collect the good moments every day. put them together and you'll have a picture of happiness."

liat, the one and only, israel, tv-moderatorin, saengerin, shiatsu-expertin, lebenskuenstlerin, getroffen auf pha ngan, gemeinsam gereist durch kambodscha:
geballte weisheit und geballte kindlichkeit, die nicht in worte zu fassen ist. "i'll teach my children to love every man and every thing. that's what you should do with the world: love it and walk through with an open heart and an open mind. don't let the fears win!"

was kann man mehr sagen, als dankeschoen? nichts! also dankeschoen und viel glueck/gluecklichsein in der welt!

geschrieben mit mojave 3 - this road i'm travelling

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