Sunday, May 27, 2007

auf klassenfahrt mit: nintendo

manchmal denke ich, wenn ich - mal wieder - an meinem lebenslauf feile, über den begriff des hobbies nach. gibt es das heute noch? ein hobby? briefmarken-sammeln. origami-störche-falten. amoklaufen. sind hobbies noch zeitgemäß oder schon längst ein anachronismus des vergangenen jahrtausends? und heute? hobby 2.0? wie wäre es mit freunde-bei-myspace-sammeln oder mit almodovar-filme-illegal-downloaden?

was schreibt ich also in meinen stromlinienförmig gefönten lebenslauf? anläßlich der episode "auf klassenfahrt mit: dem prinzen von saudi-arabien", von der an dieser stelle aus weltinnenpolitischer raison nicht berichtet werden kann, habe ich mir ein neues hobby ausgedacht, bzw. zugelegt. obwohl zulegen hier eher unangebracht ist, denn besagtes hobby hat sich mich zugelegt, um das mal so zu sagen.


um es kurz zu machen: ich sammle neuerdings skurile situationen, oder letztere sammeln mich! das angenehme an diesem hobby: es erledigt sich von ganz allein, mit denkbar geringem eigenaufwand. skurile situationen selbst herbeizuführen wäre ja auch zu einfach, naja vielleicht auch eine art hobby für fortgeschrittene... das beste an meiner neuen lieblingsbeschäftigung ist also: man braucht weder voraussetzungen körperlicher (siehe einradfahren) oder geistiger (siehe sudoku) natur, noch teures equipment (siehe golfen). die einzige voraussetzung, die man mitbringen muss, besitzen die meisten menschen, nämlich: nicht nein sagen zu können. mein hobby ist somit quasi massentauglich (macht es das nicht gleich wieder unattraktiv?).

wie dem auch sei, am freitag hatte ich ausgiebig gelegenheit, meinem neuen hobby zu frönen. auf eine kleine beiläufige frage der mitbewohnerin habe ich nicht mit nein geantwortet und so ist es dann wieder passiert: ich saß in einem reisebus voller halbstarker teenager, ihres zeichens mitarbeiter von nintendo of europe, zumeist auch noch spieletester. wo habe ich mich da wieder reinmanövriert? um nicht falsch verstanden zu werden: ich habe nichts gegen nintendo, ich spiele sogar immer noch gelegentlich super mario auf meinem nes, das fast genauso alt ist wie ich, und das entwickelt wurden, dekaden bevor die anderen reisebusinsassen auch nur ihren schnuller im mund - geschweige denn den controler in der hand - halten konnten.

so werden wir also nach aschaffenburg verfrachtet (schon das ist skuril) und landen in einer ausgedienten fabrikhalle, die auch eine rindermastanlage hätte sein können. doch der abend hält - abgesehen von der lokation - zunächst wenig skuriles bereit: buffet und getränke auf kosten des hausen. danke super mario für so viel späte ehrerbietung! hunderte d-mark taschengeld habe ich damals an dich verschwendet! und die hole ich mir heute mit kostenlosen cocktails wieder!

ich sitze also in einer behelfsmäßig zum raumschiff umfunktionierten tiermastanlage (motto: "travel in space") mit 200 unbekannten nintendo-mitarbeitern, einer mitbewohnerin und ihrem per firmerichtlinie verbotenen freund. mir schwant: ich darf nur mit ans buffet, um diese verhängnisvolle firmen-affaire zu kaschieren... ist jetzt auch egal, super mario spendiert alkohol, denke ich!

und so nimmt der abend seinen lauf: ein japaner - wie soll es anders sein - wünscht uns allen in schlechtem englisch viel spass bei der weihnachtsfeier. oh, das war wohl der big boss! na is' denn heut' schon weihnachten?

im raumschiff nintendo ist inzwischen die klimanalage ausgefallen. gefühlte 45°C. alarmstufe rot und flucht in die rettungskapseln (meint: hinterhof). dort plaudern mit einer kellnerin über die vorzüge, wenn man "feiern" mit geld verdienen kombiniert. naja, bezahlt werde ich nicht für meine erscheinen auf dieser betriebsfeier, die auch von jeder x-beliebigen großschlachterei hätte ausgerichtet werden könnten. sollte ich aber, denke ich!

die konversation plätschert dahin- italienisch, englisch, französisch, hessisch - ich habe erste konzentrationsschwächen. ein gewitter entläd sich über der geflügelfabrik. pokemon mischen sich unter lead-tester, prinzessin zelda flirtet mit einem coordinator und alle freuen sich gemeinsam über die fantastischen verkaufszahlen!

drinnen treffe ich den ebenso überflüssigen pseudo-freund einer mitbewohnerinnen-kollegin. der sitzt vor vier (!) vollen (!!!) biergläsern und erzählt mir unaufgefordert von mallorca-urlauben, fiesen ex-freundinnen und seinem golf gti. schön, dass es noch die guten alten hobbies gibt! das einzige, was mich aufrecht hält, an diesem stickigen abend ist der film, der in der hinterletzten ecke dieser hammel-keulen-anlage abgespielt wird. "voyage dans la lune", der die inspiration für das famose smashing pumpkins-video zu "tonight, tonight" war! was hat so ein toller film hier zu suchen?, wundere ich mich noch und schon werden wir wieder in den viehtransporter gequetscht, zurück in die stadt.

zuhause packe ich den nintendo-bag aus, der mir am eingang in die hand gedrückt wurde. darin: prosecco in der dose und mr. spock-ohren aus gummi. danke super mario! danke, für ein weiteres ausgefallens hobby im lebenslauf: schlechte life-style-getränke aus gummi-gegenständen schlürfen! und nur damit du's weisst, lieber mario: nintendo-spielen ist vielleicht wirklich mein hobby, ich würde es aber niemals zugeben!

geschrieben mit hilfe von beirut - elephant gun.

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